Berlinische Galerie: Mein Haus – das Irrenhaus?
»Woher kommt das?«, ist die Grundfrage der Provenienzforschung. Recherchen zu ihrer Beantwortung sind oft langwierig – und stets ergebnisoffen. Kleinste Anhaltspunkte können dabei zu überraschenden Ergebnissen führen. 1985 erwarb die Berlinische Galerie ein auf 1919 datiertes Gemälde des Expressionisten Bruno Krauskopf (1892–1960). Es trägt den Titel »Das Irrenhaus«, 1977 wurde es im Kunstamt Wedding als »Irrenanstalt« ausgestellt. Wer das dunkel kolorierte Motiv bis dahin besaß, ist noch ungeklärt. Die damalige Leihgeberin, die Ago Galerie aus Charlottenburg, existiert nicht mehr, und ihr Archiv ging vermutlich ebenso verloren wie Unterlagen zu Krauskopfs Berliner Jahren. Eine unscheinbare, auf den offensichtlich historischen Keilrahmen des Gemäldes geschriebene Zahl 17 wurde deshalb zum Gegenstand weiterer Recherchen. Da sie mit einer frühen Ausstellung in Verbindung stehen könnte, begann die Suche nach entsprechenden Publikationen. Ein Katalog der Galerie Fritz Gurlitt, die Krauskopf im April 1920 in ihren Räumen in der Potsdamer Straße ausstellte, war ergiebig. Die Publikation enthält zwar keine Abbildungen, doch unter Nummer 17 wird darin ein Gemälde mit dem Titel »Mein Haus« genannt. Aber sind dieses Motiv und »Das Irrenhaus« identisch? Berliner Adressbücher besagen, dass der Künstler »Krauskopf, Bruno Benno« um 1920 für kurze Zeit in der Schönhauser Straße 42 in Berlin-Rosenthal lebte. Das Gebäude ist bis heute an Ort und Stelle zu finden – es ist das Motiv des Gemäldes. Schon vor dem Ersten Weltkrieg gab es hier eine »Anstalt« zur Behandlung psychisch Kranker. Spätestens 1921 zog sich deren Inhaber zurück, ein anderer Arzt übernahm das Gebäude. Jetzt ist zu klären, ob einer von beiden das Gemälde erwarb. Oder nahm es einen ganz anderen Weg, und ist »Mein Haus« am Ende vielleicht doch nicht »Das Irrenhaus«?
Text Wolfgang Schöddert, Provenienzforscher.